Nä wat e Wiev, nä wat en Mutter!
Ich habe
„Dat klüngelige Wiev“ würde man heute sagen, doch die zeitgenössischen Agrippinenser nahmen eigentlich recht wenig Notiz vom familiären Kuddelmuddel und diejenigen, die es taten, störten sich nicht weiter dran: „Nix hüre, nix sage, nix sinn!“ Der Geschichtsschreiber Tacitus ließ die Nachwelt wissen, daß „sie als Tochter eines zukünftigen Herrschers, als Schwester, Gattin und Mutter des regierenden Kaisers einzigartig in ihrer Würde bis auf den heutigen Tag“ ist.
Aus heutiger Sicht ist die Bezeichnung „Klüngele(r)sche“ sicherlich nicht verkehrt, nimmt man die von Prof. Wrede im „Neuen Kölnischen Sprachschatz“ benutzte Erläuterung für dieses Wort zum Maßstab:„Klüngele(r)sche: Klünglerin; weibliche Person, die geheime, undurchsichtige, unklare Dinge, Geschäfte treibt, besorgt, unsaubere Verbindungen herstellt; Kupplerin.“
„Nä, wat e Wiev!“ „Nä, wat en Mutter!“
Über die Stadtmutter ...
Erst vermählt sie sich als 13jährige mit Domitius Athenobarbus und schenkte der Menschheit einen Sohn, den späteren „Nero“
Jahre später wird sie wegen Beteiligung an einer Verschwörung gegen ihren Bruder, Kaiser Caligula, auf die Insel Pontia verbannt
Als Caligula im Jahr 41 ermordet wird, holt sie der neue Kaiser Claudius zurück
Nach dem Tod ihres zweiten Mannes Gaius Passienus Crispus und dem Sturz der Messalina -Gemahlin des Claudius- heiratet Agrippina den Kaiser, ihren Onkel
Nachdem es ihr gelungen ist, den Kaiser zur Erhebung ihrer Geburtstadt Köln zur römischen Kolonie zu bewegen, bringt sie ihn auch dazu, ihren Sohn Nero zu adoptieren
Aus „Dankbarkeit“ für soviel Wohlwollen läßt sie im Jahr 54 Claudius vergiften und ihren Sohn Nero, mit dem sie in Blutschande gelebt haben soll, zum neuen Kaiser ausrufen
Der wiederum ermordet wenig später Britannicus, den leiblichen Sohn des Claudius, zündet Rom an und veranlaßt dadurch die erste Christenverfolgung und befördert schließlich seine Gemahlin und Stiefschwester Octavia ins Reich der Götter
Einmal auf den Geschmack gekommen, läßt er im Jahr 59 auch seine Mutter umbringen, um sich ihrer Herrschsucht zu entziehen.
Später läßt er sich selbst umbringen; eine Tat, die niemandem mehr Schaden zufügt.
Welch ein Weib!!
Welch ein Weib! Sittenlos, verkommen und von einer ungebändigten Herrschsucht besessen -so wird Agrippina charakterisiert. Daß sie ihren Geburtsort „oppidum Ubiorium“ zur römischen „Veteranenkolonie“ erheben läßt und somit sämtliche Einwohner unter dem Schutz des römische Bürgerrecht stehen, verschaffte ihr im Buch der Geschichte einen Ehrenplatz als Kölner Stadtgründerin Das war 50 n.Chr. und die Bewohner nannte man jetzt „Agrippinenser“. Exakt 1897 Jahre später machte Karl Berbuer die Nachkommen der Agrippinenser, damals wie heute unter Fremdherrschaft stehend, zu „Eingeborene von Trizonesien“.
Aus dem „oppidum Obiorium“ war übrigens unser „Colonia Claudia Augusta Agrippinensis (C.C.A.A.) geworden. Doch schon bald griff man sich aus dem bandwurmartigen Namen das erste Wort heraus. Von „Colonia“ über „Cöllen“ bis „Köln“ war es dann nicht mehr sehr weit.